Opfere mein Projekt für große Lösung
-> Zeitungsbericht vom 19. Juli 2014 in der Kleinen Zeitung – zum Artikel
Die klaffende Lücke direkt neben dem Rottenmann Rathaus wird zur Dauereinrichtung. Grundeigentümer stellt sein Projekt zurück.
Wer die Innenstadt von Rottenmann besucht und die, seit mehr als einem Jahr aufgerissene bauliche Wunde neben dem Rathaus sieht, hat als Außenstehender nur einen Eindruck: Rien ne va plus. – Nichts geht mehr. Zur Erinnerung: Nachdem ein Gebäude direkt neben dem 100 Jahre alten Jugendstil-Rathaus abgerissen wurde, stürzte die westliche Wand eines Hauses auf der gegenüberliegenden Seite ein. Die Mieter des Wohnhauses mussten evakuiert werden. Bis heute ist es unbewohnbar.
Gutachten
Nun haben Gutachter und Gerichte das Wort: Mitte August soll vor Gericht geklärt werden, ob ein strafrechtliches Verschulden von Seiten der Baufirma vorliegt. Zivilrechtlich haben der Grundstückseigentümer, der neben dem Rathaus ein Geschäftshaus mit einem großen Cafe errichten wollte, und der Eigentümer des Mietshauses geklagt. Es geht um mehrere Hunderttausend Euro. Rottenmanns Bürgermeister Klaus Baumschlager sieht keinen Handlungsspielraum: „Wir könnten höchstens mit einer Ersatzvornahme auf Gemeindekosten um 200.000 bis 300.000 Euro das Mietshaus sanieren lassen und die Kosten dann auf dem Regressweg einklagen. Das Risiko gehe ich aber nicht ein.“
Inzwischen hat Franz Mayer, der Besitzer der Baulücke, die Geduld verloren und sein Projekt hintangestellt. Deutliches Zeichen: Sein Sohn, für den eine Wohnung im neuen Gebäude vorgesehen war, baut jetzt in der Nähe des Elternhauses.
Hiobsbotschaft
Eigentlich eine Hiobsbotschaft für den Ortskern. Der Bürgermeister kann sich, kommt kein Projekt, die Errichtung einer architektonisch abgestimmten Mauer vorstellen, „damit wäre auch der Blick auf das Rathaus eindrucksvoller“. „Das ist ein Blödsinn. So eine Lage muss man nutzen. Die Gemeinde ist überfordert“, kann Franz Mayer dem Vorschlag wenig abgewinnen.
Er kann sich vorstellen, sein Grundstück in „ein großes Projekt“ einzubringen. Die detaillierten Pläne dafür hat Helmut Schaupensteiner, der zweite Vizebürgermeister von Rottenmann, zum Gespräch mit der Kleinen Zeitung mitgebracht.
Öffentlich präsentiert werden sie nach letzten Abstimmungen im September. Der Plan: Die Gemeinde soll um etwa die Hälfte ihrer 1,5 Millionen Euro Rücklagen insgesamt vier Liegenschaften ablösen. Dann könnten „in Zusammenarbeit mit einer Siedlungsgenossenschaft Wohnungen, ein Einkaufsmarkt, ein Restaurant, eine Konditorei und ein Pub entstehen“. „Wann, wenn, nicht jetzt, soll die Gemeinde investieren. Das ist eine Jahrhundertchance“, so Schaupensteiner.
GERHARD PLIEM